Hallo ihr,
heute hat Manny je netterweise die ersten Bilder von der Baumwollernte hier in Kalifornien hochgeladen, und deswegen möchte ich dazu an dieser Stelle dann auch mal ein paar erklärende Worte schreiben – denn der Anbau und vor allem die Ernte von Baumwolle ist ja in Deutschland doch ehr unbekannt.
Also, die Baumwolle wird im Zeitraum April / Mai gesät, und darf bis Oktober wachsen. Die Erntesaison beginnt am 1. Oktober, und dauert ziemlich genau bis zum 31. Oktober an. Dabei wird in der Regel zweimal auf dem gleichen Feld geerntet. Der so genannte „first pick“ und „second pick“. Beim „first pick“ bleiben meist noch nicht ganz aufgesprungene Samenkapseln zurück, die dann noch die Gelegenheit haben, etwas Nachzureifen, wobei beim zweiten Durchgang die Erträge schon deutlich geringer ausfallen, und je nach Cotton-Preis und Diesel Preis auch schon mal ausbleibt. Da die Pflanze zumindest hier in Kalifornien einjährig ist, wird sie anschließend mit gezogenen Schlegelmulchern (geschätzt 9-10 Meter Arbeitsbreite) geschlegelt, und dann mit der Scheibenegge untergearbeitet. In anderen Landesteilen habe ich gehört, wird sie auch zweijährig genutzt.
Die Ernte ist aber für uns Maschinenfans mit Sicherheit der interessanteste Zeitraum. Die Fotos sind im Wesentlichen auf den Flächen von Hanson Ranches und J.G.Boswell in und um Corcoran, California entstanden. Zu Hanson Ranches habe ich leider keine Informationen gefunden, und auch zu Boswell sind die Infos im Netz doch ehr knapp. http://en.wikipedia.org/wiki/James_Griffin_Boswell
Vielleicht so viel: Boswell ist angeblich einer der weltweit größten privaten Farmer, und bewirtschaftet in und um Corcoran ca. 135.000 acres (2,471 ac = 1 ha). Davon sollen dem hören sagen nach ca. 90.000 ac Cotton sein. Neben einem großen Cotton Gin (Weiterverarbeitungsanlage für Cotton) hat Boswell auch noch ein eigenes Tomatenverarbeitungswerk, weil Tomaten, Zwiebeln und Weizen werden ebenfalls angebaut.
Die Fläche von 135.000 ac entspricht laut Wikipedia übrigens 550 km² oder 55.000 ha und ist damit genau so groß wie die Land- und Wasserfläche der Insel Texel. Bremen hat nur etwa 326 km², Hamburg ist mit um die 760 km² dann wieder etwas größer.
Hanson Ranches ist ebenfalls ein recht großes Unternehmen, aber kommt bei weitem nicht an die Größe von Boswell heran. Sie haben vielleicht 60.0000 bis 70.000 acre. Außerdem baut Hanson Ranches sehr viel Alfalfa an. Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere an meinen Blog von vor zwei Jahren. Seinerzeit hatte ich ein Wochenende mit Hanson Ranches zusammen gepresst, und auch die Bewässerung in dieser Gegend etwas genauer vorgestellt.
http://bigpackroadshow.blogspot.com/201 ... -come.html
Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, wird die Baumwolle mit den doch recht imposanten John Deere Pickern geerntet. Sechs Reihen werden auf einmal abgeerntet. In den Vorsätzen sind hunderte feine Spindeln mit Widerhaken waagerecht auf einer großen rotierenden senkrechten Walze angeordnet, die die Baumwoll-Faser einfangen aus aufdrehen. Hinten im Vorsatz sind dann Abstreifer, die die Faser wieder von den Spindeln ablösen, und über einen Luftstrom in den Sammelbehälter blasen. Ist dieser voll, fährt die Maschine zum Feldrand, und lädt die geerntete Baumwolle in die Pressen über. Diese Pressen sehen auf den ersten Blick aus, wie Feldrandcontainer, haben allerdings keinen Boden und hinten eine große Tür. Oben läuft ein Schlitten mit einem hydraulischen Stempel. Der vorne sitzende Maschinenführer hat die Aufgabe, die Baumwolle mit diesem Stempel möglichst gut zu verdichten. Wenn ein Ballen fertig ist, wird die Hecktür geöffnet, die Maschine hydraulisch angehoben, und nach vorne weggezogen. Der Ballen bekommt eine Plane gegen Feuchtigkeit, und bleibt bis zum Abtransport am Feldrand stehen.
John Deere hat mittlerweile mit dem Modell 7760 auch eine Maschine im Angebot, die gleich große Rundballen mit den Abmessungen 2,4 x 2,4 Meter presst. Diese Maschine – laut online Kalkulator mit 782.000 Dollar Listenpreis veranschlagt – spart deutlich Arbeitskräfte ein, da das separate Pressen der großen Ballen am Feldrand komplett entfällt.
Bei der Firma Boswell habe ich übrigens 40 herkömmliche Cotton Picker und 4 neue, Rundballen Picker gesehen. Dazu kommen noch etwa 70 von den Ballenpressen, die natürlich auch alle von großen Traktoren gezogen werden.
Die Ballen stehen dann einige Tage am Feldrand, bevor sie von LKW zum Cotton Gin transportiert werden. In der Regel finden dabei LKW wie der rote Verwendung. Diese sind mit einer nach hinten kippbaren Ladefläche ausgestattet, die einen langen Kratzboden besitzt. Der LKW fährt langsam rückwärts unter den Ballen, und der Kratzboden nimmt ihn dabei auf. Boswell spielt da jedoch in einer deutlich anderen Liga. Aber dazu mehr nach dem nächsten Bilder Update.
Grüsse aus dem sonnigen und mit 20 Grad doch jetzt etwas kühleren Kalifornien
Niklas